China-Exkursion: Huzhou Tag 2 / Mehr China, mehr Kulturschock

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Tag 2 in Huzhou war trotz vergleichsweise wenig Programm kaum weniger anstrengend als der erste Tag. Auch hat der Kulturschock etwas mehr zugeschlagen. Aber der Reihe nach. Kaum jemand aus unserer Gruppe konnte heute Nacht gut durchschlafen, auch ich nicht. Es war die ganze Nacht vergleichsweise warm und vor allem sehr drückend. Wir haben zwar Klimaanlagen auf den Zimmern, aber wir haben es erst vorhin geschafft, diese einzuschalten. Lüften hat also nur wenig gebracht, außer Steckmücken ins Zimmer zu lassen, die in der Nacht ganz schön nervig – und hungrig – sein können. Auch das Hauptkommunikationsmittel Nummer Eins im Straßenverkehr in China – die Hupe – kann nachts etwas nervig sein, auch wenn es im Vergleich zu tagsüber deutlich ruhiger wird.

Dementsprechend waren nicht alle Exkursionsteilnehmer vollständig erholt, als wir uns um 9 Uhr gemeinsam zum Frühstück in eine der wohl recht vielen Mensen auf dem Campusgelände begeben haben. Frühstück unterscheidet sich dabei von der Art der Gerichte kaum von den anderen Mahlzeiten des Tages. So hatten wir nur die Wahl zwischen verschiedensten Schüsselchen mit Fleisch, Gemüse und teilweise nicht eindeutig identifizierbarer Köstlichkeiten, größtenteils eingelegt in Sojasoße. Zwei ganz Mutige haben sich ein Hauptgericht der Karte nach im Wok zubereiten lassen – mehr oder weniger zufällig ausgewählt aus einer Karte ausschließlich mit chinesischen Schriftzeichen. Ich war nicht so mutig, nach dem ich es mit chinesischem Zählen versucht hatte und mir zu viele „Hot Pots“ hatte geben lassen – eine Spezialität vergleichbar mit Dampfnudeln, jedoch gefüllt mit Fleisch. Immerhin klappt das Essen mit Stäbchen mittlerweile überraschend gut!

Nach dem Essen ging es zu einer kurzen Pause zurück in unsere Quartiere. Pünktlich um 10 Uhr wurden wir wieder von einigen chinesischen Universitätsangehörigen abgeholt für einen ausführlichen Campusrundgang. Heute waren unsere neuen chinesischen Freunde auch mit Kameras (und Handykameras) ausgestattet und so mussten wir für einige Gruppen- und Einzelfotos posieren, was teilweise zu recht lustigen Szenen führte und die Aufmerksamkeit vieler Passanten und vorbeifahrender Auto- und Rollerfahrer auf sich zog. Apropos Rollerfahrer: Auf dem Campus ist es wohl ausschließlich die Nutzung von Fahrrädern und elektrisch betriebener Roller erlaubt. Letztere erfreuen sich großer Beliebtheit. Man muss jedoch immer wachsam bleiben, da man diese Roller kaum hört und die Fahrweise der Chinesen für deutsche Verhältnisse doch sehr abenteuerlich ist. Und das, obwohl die meisten Rollerfahrer keinen Helm tragen. Ich finde es jedoch klassen, dass China hier seinen Teil zur Elektromobilität beiträgt. Dies ist jedoch auch zwingend notwendig, da selbst in Huzhou der Smog ein wirklich großes Problem ist. Dazu aber später mehr.

Ein Teil des Universitätsgeländes wurde gerade erst neu gebaut oder befindet sich gerade im Bau. In diesem Bereich befindet sich auch das Gebäude, in dem wir die nächsten Tage verbringen werden, vermutlich die Informatikfakultät. Interessanter Zahlenfakt am Rande: Auf etwa 18.000 Stundenten kommen hier über 1.000 Professuren! Zum Vergleich: An der FHWS sind es wohl über 200 Professuren auf 10.000 Stundenten… Unser Seminarraum für die nächsten Tage ist topmodern ausgestattet mit einer Präsentationswand bestehend aus einzelnen Flachbildschirmen. Macht einen super Eindruck, das Signal wird jedoch über VGA eingespeist. Muss man wohl nicht verstehen… Der Raum ist klimatisiert und die Stühle sind auch auf den ersten Eindruck sehr bequem, so dass wir in den nächsten Tagen gut dort arbeiten können. Nur die Tische sind nicht unbedingt für große Menschen (Nicht-Asiaten?) gemacht. Direkt neben unserem Seminarraum befindet sich dann auch der (unverschlossene) Serverraum. Ein Problem ist allerdings, dass in China viele ausländische Internetseiten gesperrt sind, wie Facebook, aber auch Google. Ziemlich blöd, wenn man einen Kurs zur Android-Programmierung durchführen will. Die Professoren haben aber wohl immerhin erfolgreich eine Freischaltung der Update-Server beantragt. Unsere Gruppe hat ihre Laptops vorbereitet, die chinesischen Kommilitonen hoffentlich auch, dann sollte das aber kein Problem sein. In der Zwischenzeit konnte sich die Sonne durch den dichten Smog immer wieder durchkämpfen und so war es um die Mittagszeit schon wieder drückend warm.

Wir haben daher beschlossen, nach der Campusführung eine kleine Pause einzulegen, um dann ab 14 Uhr als Gruppe von Studenten mit Professor Peter Braun außerhalb des Campusgeländes zu Mittag zu essen. So zumindest der Plan. Ein Kommilitone konnte die Foursquare-App zum Laufen bekommen, laut derer es im Stadtzentrum neben diversen chinesischen Restaurants- und Essensmöglichkeiten auch ein Pizza Hut sowie ein Restaurant mit dem vielversprechenden Namen „Big Face Chicken“ geben sollte. Da sich die Entfernung von etwa 3 Kilometer machbar anhörte, machten wir uns auf den Weg durch den chaotischen chinesischen Verkehr. Hier muss jedoch angemerkt werden, dass es laut Kommilitonen noch kein Vergleich zu Indien sein soll. Dazu kann ich aber vermutlich nächstes Jahr im März mehr schreiben. Auf unserem Weg konnten wir dann auch das erste Mal das „richtige“ chinesische Leben mitbekommen. Man findet prächtige Geschäftsbauten direkt neben verfallenden Wohnbausiedlungen, dazwischen Fisch- und Gemüsehändler. Dazwischen immer wieder absolut abbruchreife Gebäude, die einem Müllplatz gleichen. Und dazwischen der chaotische chinesische Verkehr, bei dem eine Kreuzungsüberquerung durch Hupen angekündigt wird und Rollerfahrer ständig und überall kreuzen. Heikel wurde das mehrfach für uns, als wir selbst große Straßen und Kreuzungen überqueren mussten. Wir haben es geschafft, aber alleine das ist schon ein Abenteuer.

Nach längerem, aber sehr interessantem Fußmarsch durch verschiedenste Viertel, sind wir dann in einer Art „Gated Community“ mit einer recht neuen Wohnsiedlung gelandet, wo eigentlich das ersehnte „Big Face Chicken“-Restaurant sein sollte. So haben wir uns entschlossen, letztlich doch zu Pizza Hut ins Stadtzentrum zu gehen, was uns dann aber nach weiterem Fußmarsch schließlich gelang. Im Gegensatz zu unserem Frühstück, wo wir für umgerechnet etwa 1 bis maximal 2 Euro richtig gesättig waren, waren wir über die Preise bei Pizza Hut doch etwas überrascht. Knapp 5 Euro selbst für eine Minipizza war dann in Relation doch schon sehr krass. Aber die meisten waren dann doch froh, noch einmal westliches Essen aufgetischt zu bekommen. Nach dem Essen – mittlerweile schon fast 17 Uhr, war es schon recht dunkel geworden und wir haben uns auf den Rückweg gemacht. Im Gegenlicht der Straßenlaternen und Autos konnte man dann selbst auf kurze Distanz den Smog richtig sehen, was doch irgendwie sehr erschreckend und kaum vorstellbar ist, wenn man es nicht selbst gesehen hat. Gegen 18 Uhr sind wir dann auch (endlich) wieder in unseren Quartieren angekommen. So wurden aus „mal eben Essen gehen“ dann doch über vier Stunden. Auch wenn der Fußmarsch – es dürften doch einige Kilometer gewesen sein – antrengend war, es war auf jeden Fall eine interessante Erfahrung und hat uns einen kleinen Einblick in die chinesische Welt ermöglicht.

Den restlichen Abend haben wir als Gruppe ohne Professor Braun genutzt, um den Campus bei einem kühlen chinesischen Bier noch etwas zu erkunden und ausklingen zu lassen. Ich habe dann noch eine kleine Einführung in Android-Programmierung bekommen und meine erste Android-App geschrieben – danke nochmal Marvin! Zwischenzeitlich haben wir auch die Klimaanlage zum Laufen bekommen. Ich freue mich schon morgen, um nach hoffentlich erholsamen Schlaf die chinesischen Studenten kennenzulernen und richtig in die Android-Programmierung einzusteigen.

Ich werde versuchen, morgen wieder einen Beitrag zu schreiben. Da mich dieser Beitrag aber schon wieder mit Fotoauswahl fast 2 Stunden gekostet hat, wird es in den nächsten Tagen vielleicht etwas kürzer. Wie gestern gilt auch heute: Sorry für eventuelle Rechtschreibe- oder grammatikalische Fehler oder sprachliche Ungereimtheiten – aber der Text ist am Stück ohne Zeit für Korrektrlesen entstanden! 😉 Jetzt verabschiede ich mich aber erstmal mit nächstlichen Grüßen aus China!